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Gesundheitsproteste: Die Pflegereform reicht nicht. Wir brauchen mehr!

GLB Wien • Mai 13, 2022

Bei der Gesundheitsdemo am "Tag der Pflege" in Wien war der GLB gemeinsam mit der KPÖ sehr präsent, auch in den Medien wie orf.at und Standard.at. Die vom ÖGB organisierte Demonstration war mit ein paar Tausend TeilnehmerInnen gut besucht, aber bei weitem nicht so stark, wie es sinnvoll und notwendig gewesen wäre, um das Gesundheitswesen vor dem drohenden Kollaps zu retten. Schuld ist vielleicht auch, dass am Vormittag vor der Demo von der Bundesregierung eine Pflegemiliarde versprochen wurde. Doch so toll wie diese klingt ist es eigentlich nicht.

Die schnell hingeworfene Pflegereform – die allerdings nur Mittel für 2 Jahre zur Verfügung stellt – ist natürlich prinzipiell positiv zu sehen. So viel hat sich seit Jahrzehnten nicht getan, um die Bedingungen im Gesundheitswesen zu verbessern. Eine grundlegende Analyse der Zugeständnisse kann noch nicht erfolgen, da viele Fragen bei diesem den Protesten geschuldeten Schnellschuss offen sind.


Wenn man allerdings genauer hinsieht, entdeckt man einige Fallstricke in den beschlossenen Zuweisungen von Finanzmitteln über eine Milliarde, die in Summe eigentlich nur die aktuelle Teuerung abdecken.


Versprochene Lohnerhöhungen - fraglich

Verbesserte Lohnbedingungen sind wünschenswert und notwendig. Über 500 Millionen Euro werden für Boni in den nächsten zwei Jahren locker gemacht, es wird von einem zusätzlichen Monatsgehalt für Pflegepersonen gesprochen. Allerdings im Durchschnitt. Wer genau diese Lohnerhöhung auch erhält und unter welchen Bedingungen, wird überhaupt nicht angesprochen. Auch wie dies steuerlich ausgestaltet wird, bleibt noch unhinterfragt. Wenn man z.B. die Summe auf 250.000 PflegerInnen in Österreich umrechnet, bleibt nur ein sehr schmaler Zugewinn beim monatlichen Gehalt. Und was nach den 2 Jahren passiert, weiß sowieso niemand. Gleichzeitig wird diese Entwicklung hoffentlich keine Auswirkung auf die künftigen Lohnverhandlungen haben. Oder vielleicht doch. Man wird es sehen, nix genaueres weiß man noch nicht, wie man so schön sagt.


Verbesserte Ausbildungsbedingungen - ungenügend

Dass es endlich wieder ein Ausbildungsgeld für die Pflege gibt ist natürlich positiv zu bewerten. Dies gab es ja schon, und wurde in den letzten Jahren abgeschafft. Ob es nun auch keine Studiengebühren für Fachkrankenpflegepersonal mehr geben wird, ist aber noch nicht ersichtlich. Außerdem stehen wir weiter dafür ein, dass ein Ausbildungsgeld in Höhe von 1820,- Euro brutto ab dem ersten Jahr wie bei PolizeischülerInnen notwendig ist. Dies haben wir auch in der AK Wien so vertreten und der GLB-Antrag dazu wurde angenommen. Davon ist im Entwurf keine Rede mehr, es werden 800 Euro für Erstauszubildende genannt und 1400 Euro (brutto) für vom AMS geförderte Personen, die eine Ausbildung in der Pflege wollen.


Andere Dinge wie z.B. Zeitausgleichs-Stunden für Nachtdienste (die oft nicht eingelöst werden können ob des Personalmangels) oder mehr Urlaub für ältere Pflegepersonen dienen nur dazu, endlich die Bedingungen in allen Pflegebereichen anzugleichen. Dies ist gut, aber kein Fortschritt.


Weitere Einsparungen dadurch erkauft

Verkauft wurden diese geringen Zugeständnisse mit einer weiteren Dequalifizierung und Verringerung der Ausbildung am Krankenbett. Es wird die Pflegelehre für 15-jährige eingeführt, Pflegeassistenzpersonal bekommt Kompetenzen, die sonst international in keinster Weise gewährt werden, da dafür Hintergrundwissen benötigt wird, dass in so kurzer Ausbildungszeit nicht vermittelt werden kann. Wir bewegen uns auf einen Ausbildungsstand der Pflege am Krankenbett zu, der einem Dritte-Welt-Land ähnelt. Unsere warnenden Worte wurden kalmiert oder ignoriert. Dazu muss man schon eines sagen: Studien zeigen, dass die Ausbildung des Pflegepersonals mit der Mortalität – also der Todesrate – einher geht. Einfach gesagt: Je weniger höchst ausgebildetes Pflegepersonal, desto mehr Menschen sterben im Spital. Insgesamt stellen die Zugeständnisse eine weitere Kostenersparnis für die Spitalsträger dar und setzen das dann geringer verfügbare höher ausgebildete Pflegepersonal noch mehr unter Druck, zumindest einen geregelten Krankenhausbetrieb, der nicht tödlich wirkt, aufrecht zu erhalten.


Was wir wollen und brauchen

Wir brauchen nun vor allem verpflichtende, evident geplante Personalschlüssel. Diese können nicht einfach so durch die Krankenhaus- und Pflegedienstträger festgelegt werden, denn sie schauen nur auf die ökonomische Komponente. Wir brauchen das Bekenntnis dazu, dass die Gesundheitsversorgung deutlich mehr Geld kosten muss, um die heutigen und zukünftigen PatientInnen gut und – wie es so schön heißt – nach allen Regeln der Kunst versorgen zu können. Viele Pflegepersonen sind frustriert, weil sie das Wissen hätten wie sie gut arbeiten könnten, aber die Strukturen ermöglichen es aus finanziellen Gründen nicht. Deshalb kommt es zu weiteren Kündigungswellen.


Wir brauchen mehr Personal. Wir brauchen keine Dequalifizierung, sondern einen gemeinsam geplanten Austausch darüber, was von höchstqualifiziertem Fachpersonal geleistet werden muss und wo dies nicht notwendig ist. Dazu ist die Expertise von den Menschen notwendig, die direkt am Krankenbett arbeiten und nicht von Gesundheitsökonomen oder Volkswirten bzw. PolitikerInnen, die keine Ahnung von der Praxis haben.


Wir brauchen auch eine deutliche Arbeitszeitverkürzung in der Daseinsvorsorge allgemein, um diese Berufe wieder attraktiver zu machen.


Es liegt nun an den Gewerkschaften, weiter politischen und gesellschaftlichen Druck auszuüben, um nach dieser populistischen Reaktion auf die verhaltenen Proteste eine wirkliche Verbesserung im Gesundheitswesen zu erreichen. Sollte dies nicht bald möglich sein, müssen wir wirklich über Streikbedingungen nachdenken. Wir sind natürlich bei diesen Kämpfen gerne dabei!


„Diese Pflegereform ist nur das geringste, was dem Gesundheitswesen zugestanden werden kann. Die wichtigsten Baustellen, wie mehr Personal und verpflichtende Pflegeschlüssel sowie eine reale Arbeitszeitverkürzung werden nicht einmal angedacht. Der ÖGB muss nun noch kämpferischer auftreten, um unser Gesundheitswesen zu retten. Streik darf dabei kein Fremdwort mehr sein!“

Patrick Kaiser, GLB Wien


GLB Wien

30 Apr., 2024
Als Gründungsfraktion des ÖGB stehen wir für Gewerkschaftliche Einheit. In diesem Interesse überprüfen wir alle - auch historische - Forderungen unserer Fraktion auf Aktualität für heute. Wir nehmen 50 Jahre Arbeitsverfassungsgesetz zum Anlass, um verstärkt und öffentlicher für eine Umsetzung der bekannten und beschlossenen GLB-Forderungen zu kämpfen. Bereits 1946 war es die kommunistische Fraktion, die ein fortschrittliches Antiterrorgesetz und Koalitionsfreiheit der Arbeiter:innen und Angestellten forderte. In Punkt 4 beschloss der GLB, dass Kündigungen von Arbeitnehmer:innen nur mit Zustimmung der Betriebsräte oder ersatzweise der zuständigen Gewerkschaft möglich sein sollen. Im Febuar 1978 haben die Bundesvorstandsmitglieder des ÖGB, Anton Hofer und Ernst Schmidt, im Namen des GLB einen Brief an ÖGB-Präsident Anton Benya gerichtet, der die Mängel des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) aufzeigt und zahlreiche Vorschläge zu dessen Novellierung enthält. Die angesprochenen Mängel sind bis heute nicht behoben. Im Gegenteil, einige Regelungen wurden zu Gunsten des Kapitals weiter aufgeweicht. Auszugsweise geben wir hier zwei wesentliche Kapitel der Forderungen im Originaltext wider: IV. Wirkungsvoller Kündigungs- und Entlassungsschutz • Einführung eines effizienten Kündigungs- und Entlassungsschutzes im ArbVG. • Beweislastumkehr bei der Kündigungsanfechtung wegen eines verpönten Motivs: der Unternehmer soll beweisen müssen, dass der Kündigung ein verpöntes Motiv zugrunde lag. • Beseitigung der Vorrangstellung des »betrieblichen Erfordernisses« gegenüber den sozialen Interessen der gekündigten Arbeitnehmer. VI. Erweiterung der Rechte des einzelnen Arbeitnehmers • Die Aufnahme der Grundrechte des Arbeitnehmers in das ArbVG. • Die Garantie des Rechts auf freie gewerkschaftliche und politische Betätigung im Betrieb. • Die Garantie der Menschenrechte auf persönliche Freiheit, Schutz der Persönlichkeits- und Privatsphäre sowie der Menschenwürde. • Die Garantie des Rechtes auf freie und uneingeschränkte Meinungsäußerung im Betrieb. Der Fall des Kollegen und Genossen Benjamin R. zeigt ein weiteres Mal, dass die Forderungen des GLB nichts an Aktualität verloren haben. Die Fachgewerkschaft des ÖGB und die AK fordern wir dringend auf, sich voll und umfänglich für den betroffenen Kollegen einzusetzen. Wir stehen dafür ein, dass die gesetzlichen Grundlagen verbessert werden müssen. Dafür kämpfen wir im ÖGB und in der Arbeiterkammer. Für die GLB - Landesleitung Wien Ewald Magnes Patrick Kaiser Oliver Jonischkeit
von Glb Wien 20 Apr., 2024
Treffpunkt: Mi., 1. Mai 2024 um 8:45 beim Tegetthoff-Denkmal am Praterstern. Sei dabei, mach mit. Nur gemeinsam sind wir stark!
von Glb Wien 04 Apr., 2024
Im Wahlkampf der Wiener Arbeiterkammer hat sich heute auch der GLB, der KPÖ-nahe, Gewerkschaftliche Linksblock positioniert. Die Fraktion hält aktuell zwei Kammerräte und fordert mit Spitzenkandidat Oliver Jonischkeit einen gesetzlichen Mindestlohn sowie eine Energiegrundsicherung und Lebensmittelpreisregulierungen.
von Glb Wien 13 März, 2024
Wir wollen gestärkt in die AK-Vollversammlung Wien einziehen. Sei auch du dabei, mach mit: Fr., 15.3 in Favoriten und Fr., 22.3. in Floridsdorf!
von Glb Wien 20 Feb., 2024
Beim alternativen 90-jährigen Gedenken an die Widerstandskämpfe 1934 der Arbeiter:innenschaft beim Goethehof war auch der GLB-Wien maßgeblich organisatorisch dabei! Es war ein großer Erfolg, dass durch Bündnisarbeit 270 Menschen am informativen Umzug im Gemeindebau teilnahmen.
von Glb Wien 03 Feb., 2024
Der GLB ruft zu folgenden wichtigen Demos und Veranstaltungen auf! Nie wieder Faschismus, Nein zu jedem Krieg!
von Glb Wien 11 Jan., 2024
Bereits bis jetzt haben unsere AK-Räte in der Wiener Vollversammlung mit mehr oder weniger Erfolg versucht konsequent die Anliegen der lohnarbeitsabhängigen Menschen zu vertreten. Wir werden im Wahlkampf weiter dafür einstehen, wofür wir schon immer stehen: - Antirassismus und Antifaschismus - Gleicher Lohn für alle - Konsequent kritisch zur durch die herrschende Klasse dominierten Sozialpartnerschaft - Verschiebung der Machtverhältnisse von Kapitaleignern hin zu denen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten - Wege vom Sozialismus bis zu einem wirklich gerechten Gesellschaftssystem Daraus ergeben sich unsere Positionen, die konsequent systemkritisch demokratisch, sozial, ökologisch und feministisch sind. Wir werden nun in einen Wahlkampf starten, um diese Positionen auch gestärkt gemeinsam mit euch in die Arbeiterkammer Wien einbringen zu können. Sei auch du dabei, mach mit!
von Glb Wien 10 Dez., 2023
GLB Wien, KPÖ Leopoldstadt&PolDi, MieterinnenInitiative und Werkl im Goethehof freuen sich, euch alle einzuladen, um zu plaudern, zu feiern und gemeinsam auf ein kämpferisches Jahr anzustoßen! Jahresabschlussfeier: Die., 19.12. ab 19h im Werkl im Goeth ehof (Schüttaustraße 1-39) Seid dabei, feiert mit! Für Verpflegung ist gesorgt und auch für Getränke. Spenden fürs Werkl sind natürlich gerne gesehen.
von Glb Wien 08 Dez., 2023
AK-Rat Oliver Jonischkeit und GLB-GPA Betriebsrat im Handel Gerhard Wimmer sowie Patrick Kaiser trugen unser Soli-Transparent mit der Losung: "Kampf bis zum Streik!" Es geht dabei um ca. 430.000 Angestellte und Lehrlinge! Wir unterstützen jeden Streik um Verbesserungen für die Lohnarbeiter:innen zu erkämpfen. Gerade in solch frauendominierten Berufen wie dem Handel sind deutliche Reallohnsteigerungen notwendig, um ein halbwegs leistbares Leben zu ermöglichen. Bei den wenigen Medienberichten über die - leider etwas gering besuchte- Demo gibt es ein Video von Puls24, wo GLB-Wien AK-Rat Patrick Kaiser zumindest kurz anonym seine Meinung kundtun konnte. O-Ton: "So kann man nicht leben mit diesen Löhnen". https://www.puls24.at/news/wirtschaft/weihnachts-shopping-handel-streikt-auch-am-samstag/315222 (Minute 0,45) Die bis jetzt stattgefundenen Pseudo-Streiks im Handel haben weder große Wirkung gezeigt, noch bei weitem das erreicht, was eigentlich sein sollte: eine satte Reallohnerhöung im Handel, die auch die enorm gestiegenen Profite abgreift. Deshalb: Für kämpferische Gewerkschaften, für die Aneignung der Profite durch diejenigen, die sie erarbeiten. Für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Und für eine gewerkschaftliche Organisation, die auch mit wirklichen Streiks schon einmal alles lahmlegen kann, um die Kräfteverhältnisse klar zu stellen.
von Glb Wien 03 Dez., 2023
Die Preissteigerungen der letzten Jahre sind enorm, die KV Verhandlungen haben bis jetzt meist nur (unrealistische) Inflationsabgeltung und damit Reallohnverluste gebracht. Deshalb: Solidarität mit den Streiks im Handel!
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